Schweigen die Menschenrechte, wenn Lenkraketen einschlagen und ZivilistInnen töten? Weichen sie dem (Un-)Recht des Krieges, obwohl beide Konfliktparteien die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ratifiziert haben? Und wie verhält sich das System der Menschenrechte zur Logik kriegerischer Handlungen und dem humanitären Völkerrecht? Diese Rechtsfragen standen im Mittelpunkt eines Moot Courts (Gerichtssimulation), an dem Johanna Binder, Nicole Freller, Idia Ohenhen und Johanna Tesar als Team der Karl-Franzens-Universität Graz erfolgreich teilnahmen. Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.iur. Gerd Oberleitner und Mag.iur Gregor Fischer coachten die Studierenden im Rahmen zweier Lehrveranstaltungen des UNI-ETC.
Die European Human Rights Moot Court Competition (EHRMCC) bot Studierenden der Rechtswissenschaften aus ganz Europa die Möglichkeit, einen fiktiven Fall vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verhandeln. Der von Menschenrechtsexpertinnen verfasste, an rezente, reale Verhandlungen angelehnte Fall Fiori v. Zephyria verlangte es den Teilnehmerinnen ab, sich sowohl in die Rolle der BeschwerdeführerInnen (Applicants), als auch in jener des beklagten Staats (Respondent State) zu versetzen. Während erstere stichhaltig argumentieren mussten, dass ihre von der EMRK geschützten Rechte auf Leben, ein faires Verfahren und wirksame Beschwerde und Privatleben ebenso verletzt worden wären wie das Verbot unmenschlicher Behandlung, hatte die Vertretung des Staates diese Vorwürfe glaubhaft zu widerlegen.
Von Oktober bis Dezember 2019 verfassten die Teams Schriftsätze, die von einer fachkundigen Jury bewertet wurden, um sich anschließend auf die mündlichen Vorrunden vorzubereiten, die gemeinsam mit der Qualität der Written Submissions über den Einzug ins Finale entschieden. Nach zwei intensiven Rhetoriktrainings und weiteren, wöchentlich zwei Mal stattfindenden Übungseinheiten überzeugten die Grazer Studierenden im Februar 2020 in der Vorrunde an der Universität Göttingen und zogen folgerichtig ins Finale ein. Aufgrund der COVID-19-Krise konnte die Endrunde nicht wie geplant im April in Straßburg stattfinden, die Studierenden mussten sich also auf ein Finale der besten 18 Teams via Videokonferenz einstellen, das von 2. Bis 4. Juni 2020 stattfand. Die Grazer Teilnehmerinnen beendeten ihren Erfolgslauf schlussendlich im Viertelfinale, womit sie zu den besten 8 Teams der gesamten Competition gehörten. Das Team wiederholte damit einen Erfolg, der bereits im Vorjahr errungen werden konnte – herzlichen Glückwunsch!
Zu danken ist der Vizerektorin für Studium und Lehre, Univ.-Prof. Dr.in Catherine Walter-Laager, und dem Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, Univ.-Prof. Dr. Christoph Bezemek, sowie dem Team des REWI-Dekanats, ohne deren Unterstützung eine Teilnahme an der EHRMCC in dieser Form nicht möglich wäre.