13% aller in Österreich lebenden Frauen ab 15 Jahren waren bereits von körperlicher/sexueller Gewalt durch eine*n Partner*in betroffen. So weist es die Studie „Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung“ der EU-Grundrechteagentur aus dem Jahr 2014 aus. Während eine Dunkelziffer anzunehmen ist, war dieser Wert laut der Studie doch – gemeinsam mit Spanien – der niedrigste in der Europäischen Union. Der menschenrechtlich gebotene Schutz vor häuslicher/familiärer Gewalt stand schon vergleichsweise früh auf der rechtspolitischen Agenda Österreichs: Im Jahr 1997 nahm die Republik eine Vorreiterinnenrolle ein und verabschiedete als erster europäischer Staat ein Gewaltschutzgesetz. Straf- und Zivilrecht greifen in diesem Bereich oftmals ineinander, und so waren u. a. Vorschriften des Strafgesetzbuches, des Sicherheitspolizeigesetzes und der Exekutionsordnung zu ändern.
Trotz der seitdem andauernden Rechts- und Praxisfortbildung ist das Problem häuslicher Gewalt keineswegs gelöst. Im Jahr 2018 wurden 8.076 Betretungsverbote verhängt und 18.526 Opfer durch Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen betreut (Statistik der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie). Im Gewaltschutzzentrum Steiermark wurden in diesem Zeitraum 2798 Personen betreut, 857 Betretungsverbote wurden verhängt. Die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung des Schutzes von durch Gewalt betroffenen Personen ist somit augenscheinlich, und internationale Rechtsmaterien, darunter die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, aber auch das von Österreich im Jahr 2013 ratifizierte Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) geben dabei einen überstaatlichen rechtlichen Rahmen vor. Auch mit dem 3. Gewaltschutzgesetz, beschlossen im September 2019, wurden mit dem Ziel, den Schutz vor häuslicher Gewalt auszubauen, 25 Bundesgesetze novelliert. Stellungnahmen von Expert*innen, NGOs und der Zivilgesellschaft lassen jedoch Zweifel darüber aufkommen, ob dieses Ziel auch erreicht werden kann: Die Stakeholder*innen kritisierten das Gesetz bereits während der Begutachtungsphase scharf, darüber hinaus bezeichnete Vizekanzler und Justizminister Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner im Nationalrat vor allem die Änderungen, die das 3. Gewaltschutzgesetz im Jugendgerichtsgesetz (JGG) mit sich brachte, als „zivilisatorischen Rückschritt.“ Das UNI-ETC lädt aus diesem Anlass zu einer Podiumsdiskussion, die den Ist-Zustand im Gewaltschutz aus menschenrechtlicher, österreichisch-rechtlicher und praktischer Sicht beleuchtet und einen Ausblick darauf gibt, was rechtspolitisch angezeigt wäre.
Es diskutieren:
Mag.a Katharina Gölly, Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen, Karl-Franzens-Universität Graz
Mag.a Sabrina Wittmann-Puri, LL.M, Senior Lawyer am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
Dr.in Barbara Jauk, Mitarbeiterin des Gewaltschutzzentrums Steiermark und Delegierte des Bundesverbandes der Gewaltschutzzentren Österreichs in justiziellen Belangen, Mitglied des Menschenrechtsbeirats bei der Volksanwaltschaft
Moderation: Mag. Gregor Fischer, Europäisches Trainings- und Forschungszentrum für Menschenrechte und Demokratie der Universität Graz (UNI-ETC)
Wir hoffen auf rege Publikumsbeteiligung und laden Im Anschluss zur Vernetzung bei einem Imbiss und Getränken!
Eine Anmeldung ist nicht notwendig, An- und Rückfragen bitte an gregor.fischer@uni-graz.at