In den vergangenen Tagen wurden im Mittelmeer über 5.000 Flüchtlinge aus Seenot gerettet – so viele wie noch nie. Der öffentliche Diskurs rund um die Flüchtlingskrise im und ums Mittelmeer spiegelt Reaktionen von Abschottung bis Solidarität. Mittelbar findet dieser Diskurs auch in den Ergebnissen der rezenten Landtagswahlen Niederschlag. Jedoch: Abschottung wovon und Solidarität mit wem? Die Flüchtlingskrise im Mittelmeer wirft nicht nur Fragen rund um die Konstruktion des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, sondern auch grundlegendere Fragen zu globaler Gerechtigkeit auf. Zu diesem Thema organisierte das UNI-ETC einen Brown Bag Lunch mit Gastprofessorin Linda Bosniak. Einbegleitet wurde das Event von Mag. Lisa Heschl E.MA und Mag.Mag. Stefan Salomon, die Impulsreferate beisteuerten.
Mag. Lisa Heschl E.MA stellte dem Postulat der Solidarität der EU-Mitgliedsstaaten untereinander die momentane reale und rechtliche Lage anhand der einschlägigen EU-Primär- und Sekundärrechtsakte und der Leitentscheidungen des EuGH gegenüber. Eine Umverteilung der Lasten skizzierte sie als schwierig, zumal das derzeitige System wirksame Lösungen vom Konsens der Staaten abhängig mache und Notverordnungsrechte schwer nutzbar seien. Mag.Mag. Stefan Salomon strich heraus, dass die momentane Politik das Problem nicht an der Wurzel angehe und die Rechnung von einer Erhöhung des Risikos für sogenannte Schlepper bei gleichzeitiger Schmälerung der Renditen unrealistisch sei bzw. auf falschen, der tatsächlichen Lage genau entgegengesetzte Annahmen beruhe. Gastprofessorin Linda Bosniak (Rutgers Law School) schließlich analysierte die rechtspolitischen Hintergründe der EU-Migrationspolitik in einem breiteren Rahmen und steuerte Beobachtungen aus der US-amerikanischen Perspektive bei. Als Ausgangspunkt wählte sie die durch den Zufall der Geburt determinierte Staatsbürgerschaft und die daraus folgenden Rechte, ein Regelungskomplex, der vom Asylrecht durchbrochen werde. Sie betonte dabei das Spannungsfeld, das sich mit der Souveränität der Staaten ergebe, wies aber vor allem darauf hin, dass eine de-facto-Zugehörigkeit auch ohne Staatsbürgerschaft entstehen könne, sobald sich ein Mensch in einem gewissen Gebiet aufhalte.
In einer angeregten Diskussion steuerte das interessierte Publilkum weitere Fragen bei und reizte damit den einstündigen Rahmen der Veranstaltung voll aus.