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Schlepperei & Flucht

Medial werden Schlepperei, Menschenhandel und Flucht oft in sprachlichem Zusammenhang verwendet. Besonders Schlepperei (human smuggling) und Menschenhandel (human trafficking) werden oft vermischt, was teilweise an der Ähnlichkeit der Begriffe in der englischen Sprache liegen mag. Diese Vermischungen sind nicht auf die Medien oder einen allgemeinen Sprachgebrauch beschränkt. Sogar die Europäische Kommission verwendet in der Europäischen Migrationsagenda den Begriff human trafficking (Menschenhandel), obwohl thematisch eigentlich Schlepperei behandelt wird.

Schlepperei und Menschenhandel sind zwei unterschiedliche rechtliche Konzepte mit unterschiedlichen Rechtsfolgen. Diese unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung von Menschenhandel und Schlepperei basiert auf dem Gedanken von Zwang: Opfer von Menschenhandel werden gezwungen, Personen welche die Dienste von Menschenschmugglern in Anspruch nehmen tun dies freiwillig.

Durch den Mangel an regulären Einreisemöglichkeiten bleibt Flüchtlingen oft keine andere Wahl als die Dienste von Schleppern in Anspruch zu nehmen. An Personen die beabsichtigen einen Asylantrag im Zielland zu stellen, werden so gut wie nie Visa ausgestellt. Grenzregime wurden über die letzten 25 Jahre durch rigorose Kontrollen in Transit- und Herkunftsstaaten, sowie durch Sanktionen gegenüber privaten Beförderungsunternehmen massiv ausgeweitet. Und das sogenannte resettlement – die Neuansiedelung von Flüchtlingen in einem anderen Staat – hat sehr bescheidene Ausmaße – die jährliche Anzahl an verfügbaren resettlement Plätzen beträgt etwa 80.000, während das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen den Bedarf auf 691.000 Plätze schätzt. Da Menschen nicht freiwillig vor Krieg oder Verfolgung fliehen, erscheint die Trennung zwischen Freiwilligkeit und Zwang nicht mehr ganz so eindeutig.

Was ist Schlepperei?

Schlepperei und Menschenhandel sind grundlegend in den beiden Zusatzprotokollen zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität aus dem Jahre 2000 definiert und geregelt.

Grundsätzlich umfasst der Tatbestand der Schlepperei die Unterstützung einer Person bei der Umgehung von Grenzkontrollen beim Überqueren. Das Umgehen der Grenzkontrollen ist notwendig, da die geschleppten Personen oft nicht die erforderlichen Reisedokumente (Pass) oder Einreisebewilligungen (Visa) für das Überqueren der internationalen Grenze besitzen. Durch das Fehlen regulärer Einreisemöglichkeiten haben Flüchtlinge oft keine andere Wahl die Dienste von Schleppern in Anspruch zu nehmen.

Zusammenfassend ist Schlepperei demnach die Herbeiführung der illegalen Einreise einer Person, welche nicht die Staatsbürgerschaft oder einen gültigen Aufenthaltstitel besitzt. Das Zusatzprotokoll Schlepperei zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität verlangt zudem noch die Absicht des Schleppers einen finanziellen oder materiellen Vorteil zu erlange. In der Praxis weichen davon jedoch viele Staaten ab. Die EU-Richtlinie zu Schlepperei etwa erfordert keine Gewinnabsicht und überlässt es den Mitgliedstaaten bei Vorliegen von humanitären Gründen von Sanktionen gegenüber Schleppern abzusehen. Dies eröffnet die Möglichkeit der Bestrafung von Personen aus humanitären Gründen Flüchtlingen unterstützen die Grenze zu überqueren, ohne Geld dafür zu verlangen.

Fluchthelfer oder Schlepper?

Die Sanktionierung von Schlepperei ohne Gewinnabsicht verwischt die Unterscheidung zwischen kriminalisierten Schleppern und humanitären Fluchthelfern vollends. Staaten können somit den Tatbestand der Schlepperei migrationspolitisch instrumentalisieren und humanitäre Unterstützung entmutigen. Die Folgen sind erschreckend: Kapitäne und Schiffsbesatzungen im Mittelmeer ignorieren Notsignale oder weigern sich Menschen in Seenot an Bord zu nehmen aus Befürchtungen als Schlepper strafrechtlich verfolgt zu werden. Dies untergräbt die jahrhundertalte Verpflichtung unter internationalem Seerecht Menschen in Seenot Hilfe zu leisten.

So unterschiedlich die Motive für Flucht sind, so unterschiedlich sind jene von Schleppern. Manche handeln aus humanitären Beweggründen und ohne Gewinnabsicht. Andere betreiben die Beförderung von Flüchtlingen als Geschäft. Wiederum andere stellen die Profitmaximierung in den Vordergrund und nehmen den Tod der von ihnen beförderten Personen leichtfertig in Kauf. Ebenso kann es sich bei Schleppern um lose Netzwerke oder organisierte Gruppierungen handeln – meist jedoch um erstere. In der öffentlichen Darstellung von Schleppern wird selten ein solch differenziertes Bild gezeichnet.

Menschen die Juden vor dem Nazi-Regime retteten indem sie ihnen zur heimlichen Einreise verholfen haben oder Dissidenten aus Ungarn oder Polen beim heimlichen Grenzübertritt unterstützten wurden damals (und noch heute) als Helden gefeiert. Die rechtliche Vermischung zwischen Fluchthelfern und Schleppern drängt die Frage auf: weshalb hat sich unsere Wahrnehmung von diesen Menschen seitdem so grundlegend geändert?

Menschenhandel

Menschenhandel gilt als einer der profitträchtigsten illegalen Geschäftszweige. Die Internationale Organisation für Arbeit schätzt, dass die jährlichen Gewinne durch Zwangsarbeit und Zwangsprostitution sich auf etwa USD 150 Milliarden belaufen und dass hiervon etwa 2,1 Millionen Menschen betroffen sind.

Nach der Definition des ersten Zusatzprotokolls zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität umfasst Menschenhandel die:

„Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung.“

Für die Verwirklichung des Tatbestandes von Menschenhandel müssen demnach drei Elemente vorliegen: die Handlung (Transport, Aufnahme etc.), die Art und Weise (Zwang, Täuschung etc.) und die Absicht (zum Zwecke der Ausbeutung).

Obwohl Menschenhandel meist mit Zwangsprostitution in Verbindung gebracht wird, umfasst die Ausbeutung auch Zwangsarbeit, ähnliche Formen erzwungener Arbeit (wie etwa Ausbeutung von Hauspersonal) oder die Entnahme von Organen. Dennoch umfassen etwa 90% der Fälle von Menschenhandel Zwangsprostitution oder eine andere Form von sexueller Ausbeutung. Der Großteil der Opfer sind Frauen.

Das Zusatzprotokoll verpflichtet Staaten Täter strafrechtlich zu verfolgen und zu bestrafen. Neben diesem strafrechtlichen Ansatz haben Staaten auch die menschenrechtlichen Verpflichtungen alle Personen in ihrer Hoheitsgewalt vor Sklaverei, Freiheitsentzug, Folter, sowie deren Leben zu schützen. Dies beinhaltet auch die Verpflichtung im Falle einer Verletzung eines dieser Rechte effektive Ermittlungen einzuleiten.

Opfer von Menschenhandel können auch Flüchtlinge oder subsidiär schutzberechtigt werden. Dies insbesondere wenn die Gefahr besteht, dass die Opfer von Menschenhandel bei einer Rückkehr in ihren Heimatstaat wieder zu Opfern von Menschenhandel werden, ihr Leben in Gefahr ist oder sie unmenschlicher Behandlung ausgesetzt sind.

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