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Asylverfahren in Österreich

Stefan Zweig, Sigmund Freud, Hermann Broch waren alle Österreicher – und Flüchtlinge. Sie verließen ihre Heimat, die für sie nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Österreich zur Un-Heimat geworden war. Stefan Zweig schrieb im brasilianischen Exil: „Wir werden Heimatlose sein – in allen Ländern“. Dies ist kaum Bestandteil einer öffentlichen Erinnerungskultur und selten werden die Rollen von ÖsterreicherInnen für und in deren Exilstaaten als inspirierende Beispiele für die Gegenwart genommen.

Österreich trat bereits 1955 der Genfer Flüchtlingskonvention bei und verpflichtete sich somit völkerrechtlich. Der Flüchtlingsstatus im österreichischen Asylgesetz richtet sich nach der Definition des Flüchtlingsstatus der GFK. Neben den Verpflichtungen der GFK muss Österreich die europarechtlichen Vorgaben umzusetzen.

Das österreichische Fremden- und Asylrecht ist durch die mehrmals jährlich erfolgenden Novellierungen zu einer der komplexesten und am schwierigsten nachvollziehbaren Materien des österreichischen Rechts geworden. Die häufigen Novellierungen sind jedoch nur teilweise durch europarechtliche Vorgaben bedingt. Wie kaum eine andere Gesetzesmaterie unterliegt das Fremden- und Asylrecht innenpolitischen Dynamiken. Dies ist besonders bedenklich, da es sich nicht nur um eine äußerst grundrechtssensible Materie handelt, sondern deren Adressaten, wie der österreichische Rechtsanwaltskammertag anmerkt, meist der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind, umso weniger der komplexen österreichischen Rechtssprache.

Wie funktioniert das Asylverfahren in Österreich?

Vereinfacht graphisch dargestellt sieht der Ablauf des Asylverfahrens in Österreich folgendermaßen aus:

Einbringung des Asylantrages

Jede Person, die in Österreich um internationalen Schutz ansuchen möchte, muss zunächst einen Asylantrag im Inland stellen. Eine Antragstellung im Ausland bei einer österreichischen Vertretungsbehörde ist nicht möglich. Da es Flüchtlingen  beinahe unmöglich ist, ein Einreisevisum für Österreich bzw. einen anderen EU Mitgliedstaat zu bekommen, bleibt vielen keine andere Wahl, als ohne Visum und demnach unrechtmäßig nach Österreich zu kommen. Somit wird deutlich, dass Flüchtlinge zwar grundsätzlich das Recht auf ein Asylverfahren haben, in der Praxis aber ein effektiver Zugang zur Wahrnehmung dieses Rechts oft fehlt.

Der Asylantrag kann bei jeder Sicherheits- oder Polizeibehörde oder direkt bei einer Erstaufnahmestelle gestellt werden. Ab der Antragsstellung genießen Fremde den faktischen Abschiebeschutz, was bedeutet, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet bis zur Entscheidung über den Antrag gestattet ist.

Die für die Bearbeitung von Asylanträgen erstinstanzlich zuständige Behörde ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Im Zuge der Antragstellung führt dieses eine Erstbefragung und stellt durch eine Prognoseentscheidung die wahrscheinliche Zuständigkeit Österreichs fest.

Wenn kein asylrelevantes Vorbringen darlegt wird (wenn die Person etwa angibt nach Österreich gekommen zu sein um Arbeit zu suchen) oder offensichtlich ein anderer EU Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig ist (Dublin-Verfahren), fällt die Prognoseentscheidung negativ aus. Fällt diese positiv aus, gilt der Asylantrag als eingebracht und der/die AsylwerberIn kommt in eine Erstaufnahmestelle (EAST).

Erstaufnahmestellen befinden sich in Traiskirchen (NÖ), Thalham (OÖ) und am Flughafen Schwechat (NÖ). Dort werden AsylwerberInnen für die Dauer des Zulassungsverfahrens untergebracht.

Zulassungsverfahren und inhaltliche Prüfung

Im Zulassungsverfahren wird die Identitätsfeststellung der Person vorgenommen, eine erste Befragung zu den Fluchtgründen vorgenommen und festgestellt, ob Österreich für das weitere Verfahren zuständig ist oder nicht.

Wird festgestellt, dass nach der Dublin III-Verordnung ein anderer Staat als Österreich zur Prüfung des Asylantrags zuständig ist, wird der Asylantrag ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig zurückgewiesen.

Ist Österreich für das Verfahren zuständig bzw. wird das Verfahren zugelassen, bekommen AsylwerberInnen die weiße Karte („Aufenthaltsberechtigungskarte“) und werden einer Betreuungseinrichtung in den Bundesländern zugewiesen. Ab Zulassung des Verfahrens haben AsylwerberInnen außerdem Anspruch auf Grundversorgung.

Mit der Zulassung zum Verfahren beginnt das eigentliche inhaltliche Verfahren, in dem die näheren Umstände und Gründe der Flucht ermittelt werden. IdR führt das BFA eine Einvernahme durch, in der sich der/die zuständige Referent/in einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der AsylweberInnen machen kann. Aufgrund der persönlichen Schilderung über die Verfolgung und Flucht stellt die Ersteinvernahme ein zentrales Element des Asylverfahrens dar.

Ist der Sachverhalt hinreichend geklärt, entscheidet das BFA mittels Bescheid über den Asylantrag. Wenn das Vorbringen glaubhaft war, wird dem/r AsylwerberIn der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Wurden die Fluchtgründe nicht ausreichend glaubhaft gemacht, wird der Antrag hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft negativ entschieden. In diesem Fall muss die Behörde weiters prüfen, ob dem Asylsuchenden im Heimatland eine Verletzung des Rechts auf Leben oder des Verbots der Folter und unmenschlicher Behandlung droht. Wird dies bejaht, ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Wenn der Asylantrag sowohl hinsichtlich der Asylgewährung als auch der Gewährung von subsidiärem Schutz negativ entschieden wird, ist zuletzt zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung zulässig ist. Hierbei ist vor allem auf die Vereinbarkeit mit dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK abzustellen. In diesem Fall hat eine Prüfung für das sogenannte Bleiberecht zu verfolgen.

Kommt das BFA nach Prüfung dieser Kriterien zu einer negativen Entscheidung, erfolgt eine rechtskräftige Ausweisung. Dies bedeutet, dass die Person verpflichtet ist innerhalb einer bestimmten Frist Österreich zu verlassen. Reist sie nicht freiwillig aus, kann sie abgeschoben werden.

Die gesetzliche Entscheidungsfrist für Asylanträge beträgt derzeit 15 Monate. Kommt das BFA seiner Entscheidungspflicht nicht rechtzeitig nach, steht den Betroffenen das Rechtsmittel der Säumnisbeschwerde zur Verfügung.

Beschwerde

Gegen eine „negative“ Entscheidung kann Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erhoben werden. Dieses kann den Bescheid entweder bestätigen, aufheben und neu entscheiden oder die Sache zur erneuten Entscheidung an die erste Instanz (BFA) zurückverweisen.

Revision an den VwGH und Beschwerde an den VfGH

Gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts steht die Revision an den VwGH, oder die Beschwerde an den VfGH zur Verfügung.

Was sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge?

Als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden AsylwerberInnen unter 18 Jahren bezeichnet, die ohne Eltern oder andere Angehörige nach Österreich kommen. Durch den erhöhten Schutzbedarf von minderjährigen AsylwerberInnen, gelten für diese besondere Verfahrensbestimmungen. So muss zum Beispiel eine Vertrauensperson während der Einvernahme anwesend sein und es gelten Sonderbestimmungen hinsichtlich der Unterbringung.

Was ist Schubhaft?

Die Schubhaft kann nur über Fremde verhängt werden. Ein/e Fremde/r, gegen den ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung erlassen wurde, hat mit Eintritt der Rechtskraft (in der Regel nach abgeschlossenem Verfahren) Österreich zu verlassen. Zur Durchführung der Abschiebung kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Schubhaft verhängt werden. Schubhaft darf laut Gesetz verhängt werden, um eine Abschiebung zu sichern und ist eine so genannte Sicherungshaft. In der Praxis sind die Bedingungen einer Schubhaft jenen einer Strafhaft allerdings häufig sehr ähnlich.

Die Verhängung der Schubhaft kann unterbleiben, wenn deren Zweck durch die Anwendung  sogenannter „gelinderer Mittel“ erreicht werden kann. Ein gelinderes Mittel ist beispielsweise die Anordnung sich jeden zweiten Tag bei einer Sicherheitsdienststelle zu melden. Kommt der Fremde dieser Verpflichtung nicht nach, so ist die Schubhaft anzuordnen.

Nina Hoffmann, Katharina Jung, Iris Murer, Stefan Salomon

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